AK-Umwelt Tagung „Umweltpolitik im Anthropozän. Problemfelder, Herausforderungen und Forschungsperspektiven“ – Tagungsbericht

Am 6.-7. April veranstaltete der Arbeitskreis Umweltpolitik/Global Change der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW) eine offene Tagung zum Thema „Umweltpolitik im Anthropozän“ an der Universität Potsdam. Auf der Tagung mit rund 60 Teilnehmenden wurden knapp 30 Papiere diskutiert, unter anderem zu Themen wie „Konzept des Anthropozän“, „Mensch-Umwelt-Beziehungen“, „Global Governance im Anthropozän“, „Wissen(schaft) und Nachhaltigkeitstransformation“ sowie „Kritische Perspektiven auf die Anthropozän-Debatte“. Das Tagungsprogramm kann hier abgerufen werden.

Einen Höhepunkt der Tagung bildete die Keynote von Professor Philipp Pattberg (Vrije Universiteit Amsterdam) zum Thema: „Weltumweltpolitik im Anthropozän: kompliziert oder komplex?“, die viele Denkanstöße gab zum Umgang mit Komplexität in der Umweltpolitik. Die Tagung wurde abgerundet durch einen Beitrag aus politikpraktischer Perspektive: Dr. Jörg Mayer-Ries (Referatsleiter für Strategie- und Grundsatzfragen im Bundesumweltministerium, derzeit Institute for Advanced Sustainability Studies – IASS) präsentierte in zehn Thesen konzeptionelle Reformvorschläge für die deutsche Umweltpolitik im Anthropozän.

Insgesamt war die Tagung in jeder Hinsicht ein großer Erfolg. Als Fazit ist festzuhalten, dass der Anthropozän-Begriff eine geeignete Brücke sein kann, um umweltpolitikwissenschaftliche Fragen über bestehende Grenzen von (Teil-)Disziplinen hinweg zu diskutieren. Es wurde deutlich, dass die Debatte um das Konzept des Anthropozän und die mit ihm einhergehenden gesellschaftlichen, sozialen und politischen Implikationen eine gemeinsame thematische Basis für verschiedene fachliche Perspektiven bilden können. Mit dem Anthropozän-Begriff wird somit ein problemorientiertes Arbeiten möglich.

Das bedeutet indes nicht, dass der Anthropozän-Begriff nicht kritisch diskutiert werden kann. Einerseits könnte die breite Verwendung des Anthropozän-Begriffs ein Risiko darstellen. Denn zum einen eröffnet der noch nicht eindeutig definierte Begriff eine offene Flanke für Kritik aus verschiedenen Richtungen, zum anderen wird durch die Debatte um das Anthropozän der Eingriff des Menschen in die natürlichen Prozesse der Erde zunehmend als „Business-as-usual“ verstanden. Strukturelle Gründe von Naturzerstörung geraten durch den Fokus auf das Verhältnis Mensch-Umwelt leicht aus dem Blick. Dennoch ist zu betonen, dass das Anthropozän-Konzept aufgrund seiner Brückenfunktion weitreichende Chancen bietet, um über die Wirkungs- und Gestaltungskraft des Menschen nachzudenken.

Die Diskussion um das Anthropozän steht offensichtlich noch ganz am Anfang und sollte sich unserer Ansicht nach nicht auf einzelne wissenschaftliche Fachkreise beschränken. Vielmehr geht es darum, die Debatte interdisziplinär zu führen und darüber hinaus vermehrt in die Öffentlichkeit zu bringen. Die Tagung lieferte einen ersten Anschub für eine kritische, aber auch konstruktive Auseinandersetzung mit dem Anthropozän-Begriff, in der sowohl Risiken als auch Chancen wahrgenommen werden und verbundene Themen wie Verantwortlichkeiten für globale Umweltveränderungen, Governance und Verteilungsfragen sowie Normenkonflikte im Nachhaltigkeitsdiskurs eine zentrale Rolle spielen.